Mojca Bartol Lesar | Digitalisierung als Antwort auf Herausforderungen der neuen Geschäftsrealität auch im Steuerbereich

Die Digitalisierung und gut entwickelte technologische Lösungen erwiesen sich in der Corona-Zeit auch im Steuerbereich als wichtiger Bestandteil eines reibungslosen Geschäfts . Das globale Netzwerk PricewaterhouseCoopers (PwC) hat mit hoch entwickelten IT-Lösungen die durch Covid-19 verursachten Veränderungen souverän gemeistert. Nichtsdestotrotz, müsste sich PwC in einigen Bereichen einer neuen Geschäftsrealität anpassen. Wie dies geschah, vertraute uns Mojca Bartol Lesar an, die Geschäftsführerin der Steuer- und Rechtsberatung bei PwC in Slowenien.

Frau Bartol Lesar, vor welche Herausforderungen hat PwC in Slowenien die COVID-19-Epidemie gestellt und wie sind Sie mit diesen umgegangen?

Die COVID-19-Epidemie hat uns bei PwC in Slowenien in Bezug auf die Organisation der Telearbeit nicht unvorbereitet erwischt. Seit vielen Jahren investiert das globale PwC-Netzwerk stark in Technologien, die uns ein Höchstmaß an Flexibilität ermöglichen. Wir haben und werden auch zukünftig viel mehr Energie darin investieren, unsere Mitarbeiter miteinander zu vernetzen, da wir uns der Bedeutung guter sozialer Kontakte, positiver Motivation der Mitarbeiter und gleichzeitig erfolgreicher Prüfung der geleisteten Arbeit bewusst sind. Bereits zu Beginn der Epidemie haben wir eine interne Website eingerichtet, die wir regelmäßig aktualisieren und auf der wir Informationen zu COVID-19, gesunder und sicherer Arbeit im Homeoffice, wichtige Regierungsentscheidungen, Vorschläge zur Animation von Kindern während der Arbeit der Eltern sowie Konzerte, Filme und vieles Mehr veröffentlichen/teilen. Wir haben bereits Online-Workshops mit einem Arzt, Physiotherapeuten und Psychologen organisiert und bereiten in den kommenden Monaten viele weitere interessante und nützliche Inhalte für unsere Mitarbeiter vor.

„Wir haben und werden auch zukünftig viel mehr Energie darin investieren, unsere Mitarbeiter miteinander zu vernetzen, da wir uns der Bedeutung guter sozialer Kontakte, positiver Motivation der Mitarbeiter und gleichzeitig erfolgreicher Prüfung der geleisteten Arbeit bewusst sind.“

Sie sind selbst im Steuerbereich tätig. Welche Herausforderungen brachte die COVID-19-Epidemie in diesem Bereich?

Der Ausbruch der Epidemie war besonders intensiv, da alle steuerlichen Themen in den Frühlingsmonaten am aktuellsten sind. Die ergriffenen Maßnahmen stellten uns vor eine erhebliche Herausforderung, da wir die Gesetzestexte, verschiedene Erklärungen und Botschaften von Pressekonferenzen erfolgreich unter einen Hut bringen mussten, dabei wurden die Vorschriften ständig geändert und ergänzt. Die Herausforderung bestand vor allem darin, dem zu folgen, es richtig umzusetzen und es auch rechtzeitig mit unseren (insbesondere ausländischen) Kunden zu kommunizieren.

Im Steuerbereich stellt COVID-19 die größten Herausforderungen hinsichtlich der Verrechnungspreise dar. Das sind Preise, die von verbundenen Unternehmen erhoben werden und die steuerlich im Rahmen des slowenischen Fremdvergleichsgrundsatzes bewertet werden müssen. Die Festlegung einer Verrechnungspreispolitik und deren Sicherung mit geeigneten Unterlagen stellt in Krisenzeiten eine große Herausforderung dar, weil das Benchmarking in der Regel auf früheren Ergebnissen basiert, jedoch keine vergleichbare Grundlage für die aktuelle wirtschaftliche Situation bietet. Die Unternehmen wurden nämlich mit unvorhergesehenen Verlusten und zusätzlichen Kosten konfrontiert. Angesichts der veränderten wirtschaftlichen Situation ist es daher wichtig, die bestehende Verrechnungspreispolitik und das Verrechnungspreismodell zu berücksichtigen, die letztendlich alle wirtschaftlichen und geschäftlichen Herausforderungen widerspiegeln und sich in einer Weise anpassen müssen, die dem slowenischen Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Das Thema ist besonders relevant in Geschäftsmodellen mit begrenztem Risiko, in denen es sinnvoll ist zu beurteilen, ob die bestehende Verrechnungspreispolitik so angepasst werden sollte, dass zumindest teilweise eine Aufteilung der außerordentlichen finanziellen Belastungen zwischen Unternehmen innerhalb des Konzerns möglich ist. Da wir die meisten Fragen von unseren Kunden diesbezüglich erhalten haben, haben wir im Dezember zusammen mit den PwC-Steuerexperten aus Südosteuropa ein Webinar organisiert, das sehr gut besucht war.

„Angesichts der veränderten wirtschaftlichen Situation ist es daher wichtig, die bestehende Verrechnungspreispolitik und das Verrechnungspreismodell zu berücksichtigen, die letztendlich alle wirtschaftlichen und geschäftlichen Herausforderungen widerspiegeln und sich in einer Weise anpassen müssen, die dem slowenischen Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.“

Ist also eine Anpassung der Verrechnungspreise berechtigt?

Momentan gibt es keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Die Berechtigung einer Anpassung hängt von mehreren Faktoren ab: vom Funktionsprofil einzelner Unternehmen, der Branche und der Wertschöpfungsketten bis hin zu vertraglichen Verpflichtungen und anderen wirtschaftlichen Faktoren. Obwohl die Gründe für die Anpassungen für jedes multinationales Konzern unterschiedlich sind, muss man sich fragen, wie vergleichbare unabhängige Unternehmen in einer solchen Situation handeln würden. In einer solchen Situation erwarten wir von unabhängigen Unternehmen, dass sie die vertraglichen Bestimmungen sorgfältig prüfen und die möglichen Folgen gemäß der veränderten Situation bewerten. Wenn es die Situation zulassen würde, würden solche Unternehmen im nächsten Schritt versuchen zu verhandeln oder versuchen eine Änderung bestehender Vertragsbedingungen einschließlich des Vertragspreises zu unternehmen. Hierbei muss natürlich das gesamte Spektrum der rechtlichen Auswirkungen berücksichtigt werden. Die Anpassung selbst kann jedoch verschiedene Formen annehmen, z. B. die Aufteilung außerordentlicher Kosten (für einen bestimmten Zeitraum), Änderungen der Verrechnungspreise von Waren oder Dienstleistungen sowie verschiedene Kombinationen der oben genannten.

Mojca Bartol Lesar ist die Geschäftsführerin der Steuer- und Rechtsberatung bei PwC in Slowenien (Foto: PwC)..

 

Was würden Sie internationalen Unternehmen in Slowenien raten?

Unternehmen sollten die Auswirkungen bestehender Geschäftsmodelle so früh wie möglich berücksichtigen und entscheiden, ob Anpassungen der Verrechnungspreispolitik erforderlich sind. Es ist sehr wichtig, die Geschäfte genau zu beobachten und Beweise für die Auswirkungen der Krisensituation auf die getroffenen Entscheidungen zu sammeln. Ich empfehle, verschiedene Aktivitäten, einschließlich der Kommunikation mit Kunden, Dienstleistungs- und Warenanbietern, Lieferanten sowie internen Entscheidungen (z. B. wer über Kostensenkung entscheidet und wieso) ordnungsgemäß zu dokumentieren. Die Aufbewahrung von Beweisen ist für die Erfassung von Geschäftskosten aufgrund jeglicher Krisensituationen von entscheidender Bedeutung und bei der Übereinstimmung sowie dem Nachweis der Verrechnungspreispolitik im Rahmen des Fremdvergleichsgrundsatzes von unschätzbarem Wert. Eine angemessene Dokumentation ist auch wichtig für die Rechtfertigung und Begründung der ergriffenen Maßnahmen im Falle einer Anfechtung der Anpassungen seitens der Steuerbehörden. Die Antwort auf die Frage, wie die Finanzverwaltung mit dem Thema umgehen wird, kommt erst mit der Zeit.

Mal abgesehen vom COVID-19, der hoffentlich bald eingedämmt wird, wie sieht die Zukunft des Steuerbereichs aus, was wird am wichtigsten sein?

Ich glaube, dass die Digitalisierung auch für unseren Beruf und unsere Tätigkeit von zentraler Bedeutung ist. In einer von Technologie geprägten Welt müssen wir selbst im Steuer- und Rechtsbereich Vertrauen haben. Wir müssen in die Einführung einer digitalen Perspektive in Projekte vertrauen, auch wenn dies für viele unglaublich erscheint. Dazu müssen wir uns mit den richtigen Fähigkeiten, Tools und Einstellungen ausstatten und einfach nur anfangen. Die Schritte mögen klein sein, aber mit der Zeit pflückt man Rosen. Ein hervorragendes Beispiel dafür sind unsere Kollegen aus der Prüfungsabteilung, die die gesamte Prüfung digital durchführen und viele fortschrittliche Tools verwenden.

„In einer von Technologie geprägten Welt müssen wir selbst im Steuer- und Rechtsbereich Vertrauen haben. Wir müssen in die Einführung einer digitalen Perspektive in Projekte vertrauen, auch wenn dies für viele unglaublich erscheint. Dazu müssen wir uns mit den richtigen Fähigkeiten, Tools und Einstellungen ausstatten und einfach nur anfangen. Die Schritte mögen klein sein, aber mit der Zeit pflückt man Rosen.“

Am Anfang ist es wichtig, dass die Mitarbeiter ein Bewusstsein und eine entsprechende Ausbildung erhalten. Ein paar der Initiativen, die wir gemeinsam mit den Kollegen aus der Revisions- und Beratungsabteilung ergriffen haben, sind: Die Digital Fitness-App von PwC, mit der Mitarbeiter testen können, ob und wie gut sie auf die neue digitale Realität vorbereitet sind. Die App ist auch für externe Benutzer verfügbar, also lade ich alle Leser ein, sich die App herunterzuladen und zu testen, in welcher (​​digitalen) Form sie sich befinden. Zusätzlich, erhielten alle Mitarbeiter eine interaktive Online-Schulung „Digital in a Nutshell“, in der wir erfahren haben, wie Technologie uns bei der Datenverwaltung und -verarbeitung unterstützt. Wir organisieren auch eine sog. „Innovation Challenge“ – ein Ideen-Wettbewerb der auch dazu dient, Lösungen zu finden, die auch Kunden angeboten werden können.

Bei der Arbeit mit Kunden verwenden wir maximal digitalisierte Lösungen. Viele Menschen sind überrascht, weil sie in unseren Räumlichkeiten keine Aktenschränke sehen. Beispielsweise verwenden wir bei der Due Diligence, an der normalerweise mehrere interdisziplinäre Teams teilnehmen, Programme und Tools, die bestimmte Prozesse des Datenabrufens und Textverfassens automatisieren. Die Ergebnisse unserer Arbeit teilen wir mit unseren Kunden auf hierfür eingerichteten Portalen, wo sie die Erstellung des Berichts in Echtzeit beobachten können. Für das Management internationaler Projekte haben wir interne Portale und noch Vieles mehr. In letzter Zeit wenden sich auch  immer mehr Kunden, die in einem internationalen Umfeld arbeiten, an uns, um ein System der internen Steuerfunktion für sie einzurichten, in dem sie alle Informationen schnell und an einem Ort zur Verfügung haben. Natürlich ist es für uns auch selbstverständlich, dass unsere Mitarbeiter über die neueste Software für alle Programme und Tools verfügen, die sie benötigen, und wir sparen nicht daran. Wenn wir eine bestimmte Software benötigen, wenden wir uns an unsere Kollegen aus der IT-Abteilung, die diese Software programmieren. So haben sie zum Beispiel schon einige sog. Roboter hergestellt, mit denen bestimmte Prozesse zur Datensuche und -bearbeitung, die sonst lange dauern würden, automatisch durchgeführt werden, und unsere Mitarbeiter können diese Zeit anders nutzen.

Was würden Sie der jüngeren Generation raten, die sich für das Steuer- und Rechtsbereich interessiert? Was Ist Ihr Erfolgsrezept?

Meine Antwort dazu ist sehr klischeehaft – ich denke, dass man für Erfolg nur Arbeit, Ordnung und Disziplin braucht. Bei Recht und Steuern muss man geduldig sein und seine Arbeit lieben, weil der Einsatz sehr hoch ist. Man muss sich mehrere Jahre ausbilden, Erfahrungen sammeln und sich auf einen bestimmten Unterbereich spezialisieren, da sich die Branche ständig entwickelt. Bei seiner Arbeit muss man nationale und europäische Regelungen, internationale Konventionen, die Gerichtspraxis und andere Faktoren einbeziehen. Dabei muss man berücksichtigen, dass es in Bezug auf die Art und Weise, wie wir arbeiten und Aktivitäten ausführen, natürlich Unterschiede zwischen kleineren Büros in der lokalen Umgebung und Büros wie unseren gibt. Neben Fachkenntnissen sind bei uns noch Flexibilität und gute Kommunikationsfähigkeiten wichtig, die bei der Arbeit mit internationalen Kunden unentbehrlich sind. Ebenso wichtig ist Teamarbeit. Wir beraten hauptsächlich größere internationale Unternehmen, die selbst über ausreichend qualifiziertes Personal verfügen, um klassische steuerliche und rechtliche Probleme zu lösen. Mit unserem Ansatz bieten wir ihnen also etwas mehr und dies ist unser Mehrwert.

Interview: Zala Praprotnik, PwC in Slowenien