Natalija Zupan | Was tun, wenn die Rechnung aus dem Ausland nicht bezahlt wird?

Die COVID-19-Pandemie übt einen großen Einfluss auf die Weltwirtschaft aus, vor allem auf die Liquidität der Unternehmen und folglich auf deren Zahlungsfähigkeit. Mehr über die Zahlungsgewohnheiten in Deutschland und Slowenien sowie über die Vielseitigkeit des Forderungsmanagements verrät uns Natalija Zupan, Vorstandsmitglied der AHK Slowenien, die seit fast 15 Jahren erfolgreich das Unternehmen EOS KSI leitet und Unternehmen in Slowenien hilft, Forderungen professionell einzuziehen.

Frau Zupan, wenn wir über die Dienstleistung des Forderungsmanagements sprechen, denken wir sofort an Eintreibung. Können Sie uns erklären, was dieser Begriff überhaupt einbezieht?

Forderungsmanagement bezieht sich auf jegliche Aktivitäten und die Politik, die dem Bereich der Forderungen zugeschrieben werden können. Die Eintreibung ist dabei nur ein Teil des Forderungsmanagements und ist eine notwendige Aktivität, wenn der Kunde seine Rechnung in der abgesprochenen Frist nicht bezahlt hat.

Zu den Aktivitäten des Forderungsmanagements zählen  die Überprüfung der Bonitätsstufe, die Aufstellung der Verkaufs- und Zahlungsbedingungen und Verfolgung der ausstehenden Forderungen. Bei dem beschriebenen Prozess mit Mahnungen und dem Eintreiben der ausstehenden Forderungen handelt es sich um bestimmte Vorgehensweisen, die zu einem gewissen Zeitpunkt angewandt werden müssen. Sie gehören in die letzte Phase des Forderungsmanagements.

Worin sehen Sie den Konkurrenzvorteil Ihres Unternehmens?

Unseren Kunden ist es wichtig, dass sie sich auf uns verlassen können – zuerst, dass die Informationen und Daten, die sie uns anvertrauen, in sicheren Händen sind und schließlich, dass sie wissen,  dass ihre Kunden mit Respekt und ohne Diskriminierung behandelt werden. Unsere wichtigsten Konkurrenzvorteile sind die Erfolgsquote bei Eintreibungen, Sicherheit und Zuverlässigkeit.

Wie würden Sie Ihren Erfahrungen nach die Zahlungsgewohnheiten der Slowenen beschreiben und wie unterscheiden sich diese von den Zahlungsangewohnheiten der Deutschen?

Wenn ich mich auf die Umfrage beziehe, die wir im Jahr 2019 durchgeführt haben, sind slowenische Konsumenten, also natürliche Personen, den deutschen sehr ähnlich. Bei beiden sind die bewilligten Zahlungsfristen sehr kurz (im Durchschnitt 14 Tage) und dementsprechend hoch ist auch der Prozentsatz der rechtzeitig geleisteten Zahlungen (89 % bei slowenischen und 88 % bei deutschen Konsumenten).

Die größten Unterschiede bestehen in den Zahlungsgewohnheiten der Geschäftskunden. Die slowenischen Unternehmen bewilligen ihren Kunden längere Zahlungsfristen als die deutschen (43 Tage im Durchschnitt für slowenische Geschäftskunden und 26 Tage für deutsche). Jedenfalls war das die Praxis vor der Pandemie.

Natalija Zupan: „Auf jeden Fall sollte ein guter und häufiger Kontakt aufrechterhalten werden und man sollte stets auf dem Laufenden über den Stand des Kunden sein“ (Foto: EOS KSI).

 

Hat die COVID-19-Pandemie die Zahlungsgewohnheiten in Slowenien und Deutschland beeinflusst und wenn ja, wie?

Es ist naiv zu erwarten, dass die Pandemie auf die Wirtschaft, die Liquidität der Unternehmen und deren Zahlungsfähigkeit keinen Einfluss haben wird. Die Umfrage, die wir im Laufe der Pandemie durchgeführt haben, hat gezeigt, dass sich ein Viertel der Unternehmen mit Zahlungsverspätungen befasst.

So wird in Deutschland und in Slowenien noch ein Moratorium auf die Einführung des Insolvenzverfahrens ermöglicht, obwohl Unternehmen alle formellen Bedingungen dafür erfüllen. Die eigentlichen Folgen und Zahlen werden erst bekannt sein, wenn die Maßnahmen gelockert werden.

„Es ist naiv zu erwarten, dass die Pandemie auf die Wirtschaft, die Liquidität der Unternehmen und deren Zahlungsfähigkeit keinen Einfluss haben wird. Die Umfrage, die wir im Laufe der Pandemie durchgeführt haben, hat gezeigt, dass sich ein Viertel der Unternehmen mit Zahlungsverspätungen befasst.“

Insbesondere in der Coronazeit kann es passieren, dass Rechnungen aus dem Ausland nicht bezahlt werden. Wie können ausstehende Beträge so schnell wie möglich eingetrieben werden?

Auf jeden Fall sollte ein guter und häufiger Kontakt aufrechterhalten werden und man sollte stets auf dem Laufenden über den Stand des Kunden sein. Je aktiver und wachsamer wir sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Kunden – im Falle, dass sie eine gute Zahlungsfähigkeit haben – die Rechnung eher uns gegenüber begleichen als einem Lieferanten, der nur geduldig und passiv darauf wartet, dass die Rechnungen aus der Eigeninitiative des Kunden bezahlt werden.

Eine ständige Liquidität und Sicherheit bei den Geschäften sind für jedes Unternehmen essenziel. Wie können Unternehmen ihre Liquidität während der Coronazeit aufrechterhalten?

Ich glaube, dass Unternehmen, die schon vor dem „Lockdown“ nach den Grundsätzen eines soliden Finanzmanagements gehandelt haben, dieselben Grundsätze auch im Nachhinein befolgen werden. COVID-19 hat vieles beeinflusst, aber die grundlegenden Prinzipien, die jedes Unternehmen befolgen sollte, kann das Virus nicht ändern. Die slowenische Wirtschaft hat – mit Ausnahmen – sehr schnell auf die neue Situation reagiert und die Resultate sind bis jetzt besser als erwartet. Diejenigen Unternehmen, die sich schon vor der Pandemie in einer schlechten finanziellen Lage befanden, werden Umsatzrückgange oder Zahlungsausfälle schwerer ertragen als finanziell solide aufgestellte Unternehmen.

„Diejenigen Unternehmen, die sich schon vor der Pandemie in einer schlechten finanziellen Lage befanden, werden Umsatzrückgange oder Zahlungsausfälle schwerer ertragen als finanziell solide aufgestellte Unternehmen.“

In Ihrem Unternehmen streben Sie nach dem Aufbau eines präventiven Bewusstseins über Finanzkompetenz von Jugendlichen im Rahmen des Projektes „Finanzschule“. Können Sie uns dazu mehr erzählen?

Die allgemeine Mission der EOS Gruppe ist „For a debt-free world“. Diese wird durch präventives Wirken und Ausbildung im Finanzbereich erfüllt. Aus diesem Grund sind wir Partner des Projekts „Finanzschule“ (im Original „Finančna šola“) der slowenischen Zeitschrift Moje Finance geworden. Es handelt sich dabei um die Bemühungen, Jugendliche darüber auszubilden, wie sie Geld verdienen, investieren und sparen können.

Wenn wir lernen wollen, umsichtig mit Geld umzugehen, müssen wir lernen, wie man Kredite aufnimmt und wie man handelt, wenn wir eine Schuld nicht zurückzahlen können. Mein Rat ist, dass Sie nicht die Augen verschließen sollten, wenn Sie in Schwierigkeiten sind, sondern den Gläubiger offen und rechtzeitig vor Ihrer Situation zu warnen und versuchen gemeinsam Lösungen zu finden.

Interview: Anja Slekovec