Interview: Bojan Brežan, Schönherr Rechtsanwälte Slowenien | Anwälte bleiben menschliche Wesen
Schönherr Slovenija ist eine Niederlassung der Schönherr Rechtsanwälte GmbH, einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Wien, die seit mehr als 20 Jahren auf dem slowenischen Markt präsent ist. Neben Slowenien hat Schönherr Büros und Country Desks in 17 weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern. Mit ihrem internationalen Netzwerk an Büros bietet die Kanzlei ihren Mandanten lokale […]
Schönherr Slovenija ist eine Niederlassung der Schönherr Rechtsanwälte GmbH, einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Wien, die seit mehr als 20 Jahren auf dem slowenischen Markt präsent ist. Neben Slowenien hat Schönherr Büros und Country Desks in 17 weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern. Mit ihrem internationalen Netzwerk an Büros bietet die Kanzlei ihren Mandanten lokale und grenzüberschreitende Rechtsberatung und Zugang zu einem breiten Spektrum an Experten und Wissen.
Bojan Brežan ist Experte für Wirtschaftsrecht, M&A und Streitbeilegung sowie Co-Managing Partner der slowenischen Niederlassung, den wir in diesem Beitrag vorstellen.
Herr Bojan Brežan, vielen Dank für Ihre Zusammenarbeit. Als langjähriges Mitglied des Teams haben Sie viele Veränderungen in der Kanzlei selbst miterlebt. Können Sie uns etwas über die aktuellen Trends sagen, mit denen sich Ihre Kanzlei auseinandersetzt?
Ich danke auch Ihnen vielmals. Grundsätzlich kann man sagen, dass der slowenische Markt für Rechtsdienstleistungen immer ausgefeilter wird. Dies ist auf die ständig zunehmende Regulierung zurückzuführen, die hauptsächlich von der EU vorangetrieben wird, sowie auf die Präsenz ausländischer Investoren und Dienstleistungsanbieter auf unserem Markt. Um angemessen handeln zu können, ist ein hohes Maß an Spezialisierung erforderlich.
Inhaltlich haben wir in letzter Zeit u. a. eine Zunahme von Sammelklagen und den wachsenden Einfluss des (EU-)Verbraucherrechts erlebt. Dadurch kommt es zu Rechtsstreitigkeiten, die sachlich und logistisch äußerst anspruchsvoll sind sowie immer größere Anwaltsteams erfordern. Zugleich bemühen sich die verbrauchernahen Unternehmen verstärkt darum, dass ihre Geschäfte mit der immer detaillierteren und damit weniger transparenten Gesetzgebungen übereinstimmen.
Auch in Bezug auf die Energiewende gibt es einen klaren Trend. Die zunehmende Regulierung in diesem Bereich beschäftigt bereits viele Unternehmen in unserem Land und wird sich in naher Zukunft noch intensivieren.
Die Energiewende oder grüne Transformation sind auch ein Thema, das wir bei der AHK sehr aktiv verfolgen. Mit welchen Herausforderungen ist Ihre Kanzlei in diesem Bereich konfrontiert?
Die grüne Transformation ist ein großes Thema in der Wirtschaft, daher ist es natürlich auch ein großes Thema in unserer Kanzlei. Die Fragen, die sich dabei stellen, sind sehr vielfältig. Sie umfassen die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der Richtlinie zur nicht-finanziellen Berichterstattung (NFRD) und der inzwischen wesentlich erweiterten Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), die grüne Finanzierung, die Problematik des Greenwashings und viele andere Themenbereiche. Wir verfolgen auch sehr aufmerksam die Einführung der neuen Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD), die bereits eine Reihe von Fragen aufwirft, u. a. in Bezug auf die treuhänderischen Pflichten der Unternehmensleitung. Nach der neuen Richtlinie müssen Geschäftsführer auch die Folgen ihrer Entscheidungen in Bezug auf die Nachhaltigkeit berücksichtigen, wenn sie ihrer Pflicht nachkommen, zum Wohle des Unternehmens zu handeln. Außerdem werden sie für die Einführung und Überwachung von Sorgfaltsmaßnahmen in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt zuständig sein.
An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, dass Schönherr im Mai in Warschau eine große internationale Konferenz zum Thema “Going Green” organisiert. Die Konferenz wird Experten aus der MOE-Region zusammenbringen, um Möglichkeiten und Herausforderungen der grünen Transformation zu diskutieren und vorbildliche grüne Praktiken auszutauschen. Die Mitglieder der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer sind dazu herzlich eingeladen.
Einer der Arbeitsschwerpunkte Ihrer Kanzlei ist M&A bzw. der Kauf und Verkauf von Unternehmen. Wie entwickelt sich dieser Bereich und wie ist das aktuelle wirtschaftliche Klima?
In den letzten 15 Jahren, seitdem ich in diesem Bereich tätig bin, hat sich viel verändert. Im Wesentlichen handelt es sich um bewährte Praktiken, die sich direkt auf dem Markt entwickeln. Dabei geht es darum, die Effizienz zu maximieren und die Kosten zu optimieren sowie gleichzeitig einen hohen Qualitätsstandard aufrechtzuerhalten. Due-Diligence-Berichte sind nicht mehr wie ein Telefonbuch, sondern eher eine sorgfältig ausgearbeitete Liste relevanter Erkenntnisse mit einem Lösungsvorschlag, wie man sie im Rahmen der Transaktion behandeln kann. Unter den Anwaltskanzleien, die in diesem Bereich tätig sind, hat sich ein spezielles Know-how entwickelt, das es uns ermöglicht, zu erkennen, welche Aspekte verhandelt und welche vorausgesetzt werden. Natürlich gibt es auch in diesem Bereich immer mehr Regulierungen, die ständig verfolgt werden müssen.
Das derzeitige Wirtschaftsklima ist für M&A nicht gerade günstig. Der Hauptgrund ist derzeit das nach wie vor hohe Zinsniveau, das die Transaktionsaktivität vor allem bei institutionellen Anlegern und Private-Equity-Fonds hemmt. Dennoch gehen Branchenkenner davon aus, dass sich dieser Trend in der zweiten Hälfte dieses Jahres wenden wird.
In letzter Zeit wird immer häufiger über den Einsatz von künstlicher Intelligenz gesprochen, die viele Wirtschaftsbereiche revolutionieren soll. Werden Anwälte durch Computer ersetzt?
Natürlich nicht. Aber künstliche Intelligenz wird die Art und Weise, wie wir juristische Dienstleistungen erbringen, tiefgreifend verändern, bzw. sie tut es bereits. In unserer Kanzlei sind wir uns dessen sehr bewusst. Wir haben eine eigene Abteilung für Rechtstechnologie, die ständig neue Tools prüft und testet, die sowohl für uns Anwälte als auch unsere Mandanten nützlich sind. Gemeinsam mit IT-Experten haben wir auch mehrere eigene Tools entwickelt, die wir seit einigen Jahren sehr effektiv einsetzen, z. B. bei M&A-Transaktionen.
In letzter Zeit haben wir uns vor allem auf Tools der generativen künstlichen Intelligenz fokussiert, die bei der Automatisierung von Prozessen wie dem Entwurf und der Analyse juristischer Dokumente, der Erfassung und Formulierung juristischer Informationen und der Erstellung effizienter Arbeitsabläufe Hilfe leisten. Wir beteiligen uns aktiv an der Testphase neuer großer Sprachmodelle, die auf Anwälte ausgerichtet sind.
Der gemeinsame Kernpunkt beim Einsatz von KI ist jedoch stets der Faktor Mensch. Tools können sehr hilfreich sein, doch der Anwalt muss eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle und Beurteilung der Ergebnisse dieser Tools übernehmen. Anwälte bleiben menschliche Wesen, zumindest noch eine Zeit lang.